2019 WarriorSoul 03Mit Wodka bis zum Anschlag

Ein kühler Donnerstagabend im Mai mit spätem Konzertbeginn nach 22:00 Uhr lockt wirklich nur einige Die Hard-Fans ins Kreuzberger Wild at Heart. Doch so traurig die übersichtliche Anzahl der Fangemeinde auch ist, musikalisch wird es ein vorzüglicher Abend!

Die jungen Schweden von LIAR THIEF BANDIT haben schon ein paar Mal in diesem kultigen Kreuzberger Club auf der Bühne gestanden und bringen ihre eigene kleine Fanbase mit. Ungefähr eine halbe Stunde rocken die Musiker aus Malmö als stünden sie vor einem Publikum mit mehreren hundert Zuschauern. Sänger und Gitarrist Mike post, was das Zeug hält, springt ins Publikum, landet dabei gekonnt Gitarre spielend auf dem Boden. Dabei kommt er immer absolut authentisch rüber und erinnert, nicht nur mit seinem Outfit, an eines der großen Vorbilder aus der schwedischen Musikszene, der am Vorabend das Berliner Astra mit seinen Bands ausverkauft: Nicke Andersson. So wundert es mich nicht, dass LIAR THIEF BANDIT in ihren

musikalischen Einflüssen THE HELLACOPTERS und auch IMPERIAL STATE ELECTRIC nennen. Die drei unterhalten und beherrschen Instrumente und Gesang wirklich professionell! Ein Geheimtipp, für alle Rockfans, die auf energiegeladene, authentische Mucke stehen.

Ein Stehaufmännchen ist in meinen Augen Kory Clarke, Sänger und Gründer von WARRIOR SOUL. Ein Rockstar. Ein Entertainer! In den frühen 90er Jahren wurde seine in New York gegründete Band erfolgreich, erhielt einen Major Label-Deal, den sie aber später absichtlich boykottierten. Immer wieder gab es Auf und Abs, Auflösungen. Nie haben WARRIOR SOUL die Anerkennung erhalten, die sie wirklich verdient hätten. Und so kann man leider heute noch von einem Geheimtipp in Sachen Rock/Punk sprechen, der jedoch szenebekannt ist.

IMG 20190517 WA0004Nun ist Kory wieder auf Tour, mit neuen Musikern und dem aktuellen Album „Back On The Lash“. Eine temperamentvolle Mischung aus Hardrock, Punk und Metal wird dem Publikum um die Ohren gehauen. Nach einem längeren Intro entert der wie so oft hippiesk gekleidete Kory mit einer fast leeren Wodkaflasche in der Hand die kleine Bühne. Und während der folgenden ca. 70 minütigen Show frage ich mich, wie der Sänger es schafft, wie ein Derwisch auf der Bühne zu springen, zu tanzen und trotzdem noch einen durchdringenden, wenn auch mit etwas Hall versetzten, Gesang zu bringen. Einmal, während eines kurzen Breaks in einem Song, springt Kory hoch um krachend auf den harten Bühnenbrettern direkt auf seinen Knien zu landen und selbstverständlich weiterzusingen. Aua! Da tut der Anblick schon weh. Aber natürlich geht es ohne mit der Wimper zu zucken weiter. Die Musiker haben sichtlich Spaß, hin und wieder wird ein Gitarrensolo eingestreut. Zwischendurch macht Kory seine Ansagen und Kommentare, die ich leider kaum verstehen kann, ob seiner krächzenden, rauen Sprechstimme. Er stößt mit den Fans an, von denen einer für den nicht abreißenden Biernachschub für die vier Musiker sorgt. Musikalisch gibt es neues Material vom aktuellen Album „Back On The Lash“ aber selbstverständlich auch alte Hits wie „Generation Graveyard“, „The Losers“ oder „Rocket Engines“.
Es wären tatsächlich noch ein paar Knaller mehr gekommen, verrät das Stück abgerissene Pappe neben dem Mikrofonständer beschrieben mit der Setlist, hätte Herr Clarke nicht vorher die Bühne verlassen. Doch trotzdem Hut ab für dieses punkrockende und mitreißende Konzert vor so überschaubarem Publikum!

Fotos: claudia k., d. von junzt