BAD RELIGION True NorthSchon im Vorfeld ließen BAD RELIGION verlauten, „True North" werde sich auf die Wurzeln der Punk-Recken aus Los Angeles beziehen, das heißt: kurze und knallige Songs wie in den frühen Tagen des Schaffens. Da die Scheibe dazu auch noch von Joe Barresi (QOTSA, MELVINGS, TOOL...) produziert wurde, stieg die Spannung natürlich: wie würde sich dieser Spagat auswirken? Ganz einfach: großartig! Die Verbindung von den alten Qualitäten mit einem guten Produzenten „von außerhalb" ist gelungen. Knackige Zwei-Minuten-Stücke, bei denen es ordentlich knallt, gut poliert, aber nicht überzüchtet...in Kombination mit dem guten

Songwriting von Greg Graffin und der Produktion, bei der auch Brett Gurewitz an den Knöpfchen gedreht hat – es ist das bestechendste Album der Band seit...nun ja...einiger Zeit (aus meiner Sicht seit „The Process Of Belief)". Das Werk hat das Zeug zum Klassiker, ähnlich wie „Generator" oder das unerreichte „Suffer".
Die bewährten und schönen Ooh- und Aaaah-Chöre sind da, der Sound ist klasse, die Melodien gehen (meistens) gleich ins Ohr – insbesondere was die erste Single“"Fuck You", den Titel-Track „True North" sowie „Robin Hood In Reverse" oder „Dharma And The Bomb" angeht. Manchmal sind die Songs so unverschämt eingängig und BAD RELIGION kommen ihrer Trademark so deutlich nach, dass mir keine Band einfällt, die das so gut hinbekommt. Es gibt einige, die es versuchen, insbesondere aus den Staaten, aber so richtig haut das nie hin. Einzig und allein „Hello Cruel World", welches das einzige Stück mit knapp vier Minuten Länge ist, will für mich nicht so richtig abheben, was nicht mal daran liegt, das es so ruhig ist.

Auf der Text-Agenda stehen nach wie vor der Zustand der (westlichen, amerikanischen) Gesellschaft, Religion, Politik, Doppelmoral und so weiter, garniert mit dem Blickwinkel junger und noch unerfahrener Leute, die am Anfang ihrer Lebensreise stehen (mehr dazu im kommenden Wahrschauer-Interview mit Sänger Greg Graffin). Der erhobene Zeigefinger ist da, auf dem Cover ist er allerdings seitlich zu sehen und zeigt auf einen halbnackten Mann. Auch dazu mehr im kommenden Artikel.

BAD RELIGION hätten es wahrscheinlich gar nicht nötig, so eine gute neue Scheibe rauszubringen. Auf den Konzerten werden die alten Songs total abgefeiert – aber die neuen Tracks ebenfalls. Schön ist dennoch, wie die Band ihrem eigenen Idealismus nachkommt. Das ist einer der Gründe, welcher diese Band fast einzigartig und auch glaubwürdig macht.

TIPP: Interview im Jubiläums-WAHRSCHAUER #62!

Epitaph - VÖ: 21.01.2013