021208_cartier_ballon.jpgDer soziale Sprengstoff ist am Riss der Gesellschaft deponiert!
 
Berlin / 13.3.2009: Manchmal sagt eine Zeitungsseite mehr als die Summe ihrer Artikel. In der Wochenzeitung Die Zeit vom 12.3.2009 befindet sich ein Interview mit dem Sozialforscher Bertold Vogel unter der Überschrift „Die Wohlhabenden grenzen sich ab“. Frei und unbefangen versucht der Interviewer sein Gegenüber aus der Reserve zu locken: „Alle reden von der Krise, aber ein großer Teil der Mittelschicht ist nicht gefährdet.“ Es scheint, als hätte die große Wochenzeitung zur Unterstreichung dieser These genau deshalb auf der gleichen Seite eine große Anzeige für eine teure Armbanduhr abgedruckt. Die „ballon bleu de Cartier“ für schlappe 19.000 Euro. Ein Missverständnis, denn genau das untermauert die These des Sozialforschers: Es trifft nicht alle gleich und nicht zur gleichen Zeit. Als erstes werden die Leiharbeiter in der Industrie prekarisiert. Danach folgen die Facharbeitern und zum Schluss der öffentliche Dienst – also Teile der Mittelschicht. Letztere, weil steigende Staatsausgaben bei gleichzeitigen Steuersenkungen zu ganz großen Haushaltslöchern führen. Dafür gibt es dann die Schuldenbremse, was übersetzt Ausgaben streichen heißt. Darunter leiden wiederum die Schwächsten am meisten. Bertold Vogel: „Diejenigen, die noch etwas besitzen, werden alles tun, um sich von diesen ärmeren Gruppen abzugrenzen – und zugleich alle Ressourcen für das eigene Milieu mobilisieren. (..) In den Verteilungskämpfen, die uns jetzt drohen, werden sich Ressentiments gegen genau die bedrohten Gruppen (Prekariat; Anm. des Autors) richten.“
 
Meiner Ansicht nach können wir diese Tendenz jetzt schon im steigenden Stimmenanteil für die FDP beobachten.

Das gerade veröffentlichte Buch „Wohlstandskonflikte“ von Bertold Vogel scheint interessant zu sein.
 
Quellen:
„Die Wohlhabenden grenzen sich ab“ (DIE ZEIT, 13.3.2009)

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